Montag, 23. September 2013

Urban Sketchers – Berlin im Focus


mit Florian Afflerbach, Katrin Merle, Catalina Somolinos, Laura Nieto Santos, Bo Soremsky, Sven Swora und Omar Jaramillo Traverso


Rathaus-Galerie Reinickendorf
Eichborndamm 215–239, 13437 Berlin
Eröffnung:                   17. September 2013, 19:00 Uhr
Ausstellungsdauer:       18. September bis 25. Oktober 2013
Öffnungszeiten:            Montag bis Freitag 9–18 Uhr


Bo Soremsky: Hermannplatz, 2013, Tusche und Aquarell auf Papier
Urban Sketchers (USk) ist eine weltweit agierende Gemeinschaft von Künstlern, die Orte zeichnen, an denen sie leben oder zu denen sie reisen. 2007 von Gabriel Campanario in Seattle/USA gegründet, kann Urban Sketchers mittlerweile Tausende zeichnende Mitglieder in aller Welt zählen. Ihre Arbeiten zeigen das Leben, wie es die Künstler vor ihren Augen geschehen sehen. Ob es sich bei der jeweiligen Darstellung beispielsweise um eine belebte Kreuzung, ein Gebäude, einen Park, eine Szene im Zug oder im Café handelt, ist von der direkten Beobachtung des Künstlers abhängig. Im Mittelpunkt der Betrachtungen stehen die städtische Lebenswelt, der Mensch und seine direkte Umgebung. Hierbei halten sich die Urban Sketchers an ihr eigens entwickeltes Manifest:

  1. Wir zeichnen vor Ort, drinnen oder draußen, nach direkter Beobachtung. 
  2. Unsere Zeichnungen erzählen die Geschichte unserer Umgebung, der Orte, an denen wir leben oder zu denen wir reisen. 
  3. Unsere Zeichnungen sind eine Aufzeichnung der Zeit und des Ortes. 
  4. Wir bezeugen unsere Umwelt wahrhaftig. 
  5. Wir benutzen alle Arten von Medien.
  6. Wir unterstützen einander und zeichnen zusammen. 
  7. Wir veröffentlichen unsere Zeichnungen online. 
  8. Wir zeigen die Welt, Zeichnung für Zeichnung.

Laura Nieto: Frankfurter Tor: 2010, Wasserfarbe und Bleistift auf Papier
























Über das Internet bleiben die Zeichner und Zeichnerinnen in Kontakt und in regem Austausch miteinander. Mit Hilfe verschiedener sozialer Netzwerke und eigener Blogs kommunizieren sie unabhängig von ihrem Aufenthaltsort miteinander und machen ihre Zeichnungen so der Gruppe und der Öffentlichkeit zugänglich. Die Künstler verwenden unterschiedliche Zeichentechniken und Materialien. Von traditionell bekannten Mitteln bis hin zum Gebrauch von digitalen Medien auf Smartphones und Tablets ist den Künstlern jedwede Technik zur Darstellung ihrer Beobachtung erlaubt. Urban Sketchers teilen ihr Wissen um neue Methoden und Materialien mit anderen Interessierten.

Die in der Rathausgalerie Reinickendorf vom 18. September bis 25. Oktober 2013 ausgestellten Arbeiten stammen von sieben ausgewählten Künstlern der Urban Sketchers Berlin. Die Gruppe setzt sich aus Künstlerinnen und Künstlern mit verschiedener Herkunft zusammen. Den Besucher erwarten Zeichnungen, Aquarelle und Skizzenbücher zum Berliner Stadtleben aus der Sicht der vertretenen Künstler. Die Ausstellung kann von Montag bis Freitag von 9 bis 18 Uhr besichtigt werden.


Weitere Skizzen der Urban Sketchers können auch unter http://berlin.urbansketchers.org/ oder http://germany.urbansketchers.org/ eingesehen werden.

Dienstag, 4. Juni 2013

Ernst Wenck (1865–1929): „Der Weg des Menschen von der Geburt bis zum Tod“. – Ein Sepulkralrelief als Bauschmuck am Alten Friedhof der St.-Nikolai- und St.-Marien-Gemeinde zu Berlin.



Abb. I: Ernst Wenck: „Der Weg des Menschen von der Geburt bis zum Tod“. Skulpturaler Bauschmuck am Hauptportal des Alten Friedhofs der St.-Nikolai- und St.-Marien-Gemeinde in Berlin. Fotografie/Ausschnitt vom 13. April 2013, ©Nicky Heise.

Im Giebel des nordwestlich gelegenen Hauptportals des Alten Friedhofes der St.-Nikolai- und St.-Marien-Gemeinde an der Prenzlauer Allee Nr. 1 hat sich ein von Ernst Wenck stammendes Relief mit dem anzunehmenden Titel „Der Weg des Menschen von der Geburt bis zum Tod“ erhalten. Das Bildwerk ist an seiner steinernen Rahmung unten links mit „FEC. ERNST WENCK“ bezeichnet bzw. signiert.

Abb. II: Ausschnitt der Bezeichnung bzw. Signatur unten links, auf  Ernst Wencks: „Der Weg des Menschen von der Geburt bis zum Tod“. Fotografie/Ausschnitt vom 13. April 2013, ©Nicky Heise.

Die einzelnen Figuren und Figurengruppen wurden vom Bildhauer aus separaten Steinen als Relief und zu einigen Teilen, über das Halbplastische hinaus, nahezu vollplastisch gearbeitet.

Das Relief zeigt, von rechts nach links betrachtet, zuerst die Sitzfigurengruppe einer „Mutter mit Säugling“, dann kommt eine „zurückblickende, erste Schritte wagende, Kinderfigur“, danach eine „im Schreitschritt nach vorne begriffene Figur eines jungen Mannes“, darauf eine sitzende Figurengruppe eines sich „liebevoll zugeneigten Menschenpaares“, dann wiederum eine Figur eines voll ausgereiften, athletischen Mannes und schließlich eine aus einzelnen Figuren bestehende Gruppe, einer sich zu einem ganz links im Bild vor Lebensmüdigkeit da niedergesunkenen alten Mannes vorbeugende Greisin.

Ernst Wenck konzipierte seine Vorstellung einer Darstellung der Alters- oder Lebensphasen des Menschen in sechs Stufen:

Eine kniende Mutter hält in ihrem rechten Arm einen Säugling auf dem Schoß und nähert sich mit ihrem Mund sanft dem leicht gesenktem Köpfchen des Kindes. Mit der linken Hand fasst sie prüfend ihre linke Brust. Sie könnte im Begriff sein, ihr augenscheinlich eingenicktes Kleinkind wecken und stillen zu wollen. Das Kind kann aber auch gerade gestillt worden sein und nun erschöpft im Schoß der Mutter verweilen. Allenfalls die Ausführung der Kinderfigur auf dem Schoß der Mutter erinnert die Betrachtenden noch an tradierte Darstellungen der „heiligen Maria mit dem Kind Gottes“; diese Mutter, abgebildet in leicht eingedrehter Seitenansicht, scheint jedoch der Antike entlehnt zu sein. Das erste Teilstück des Reliefs wurde von Wenck noch recht flach ausgearbeitet.

Als Zweites ist eine Kinderfigur zu identifizieren; das Kind in einem symbolischen Vorwärtsschritt begriffen, blickt, den Oberkörper nach links eingedreht und den linken Arm zur Mutterfigur hin ausgestreckt, zu ihr zurück. Vielleicht fallen die allerersten Schritte noch wackelig und etwas unsicher aus, doch die zu erahnende und zunehmende Eigenständigkeit des kindlichen Vorwärtsschrittes sowie eine allmählich daraus resultierende Distanz zum ersten Lebensabschnitt wird im Relief durch Natur nachbildenden Hinter- und Untergrund noch verstärkt. Zudem ließ der Bildhauer die Körperkonturen der etwas solitären Kinderfigur bereits stärker als bei der vorangegangenen und flacheren Figurengruppe aus dem Relief hervortreten.

Als Drittes hebt ein, mit dem rechten Bein voran, im Schreitschritt befindender junger Mann seine rechte, leicht geöffnete Handinnenfläche, fast einem Spiegel gleich, vor sich an. Es scheint gerade so, als wolle er das einfallende Licht der Sonne fassen. Vermutlich wird er sich der „göttlichen Kraft des  Lichtes“ sowie seiner Rolle als Mensch im Fluss der Zeit bewusst. Bekleidet ist der Dargestellte mit einer leichten Gewandung, die, über seine linke Schulter geworfen, vor und hinter ihm hinunterfällt. Der Körper des jungen Mannes wurde von Wenck ab etwa der Höhe der Knie nahezu vollständig von der Fläche des Reliefs abgelöst. Die Körperhöhe der Figur füllt von unten her gesehen die Gesamthöhe des Bildwerkes aus.

Im Zentrum des Bildwerkes positionierte Wenck ein auf sprödem Felsen sitzendes Liebespaar, wie es im Formenkanon der Bildhauerei um 1900 häufiger vorzufinden war. Oberhalb des Paares befindet sich die mit einem Kreuz versehene Sonne, welche als Symbol der Kraft Gottes und ihren unvergänglichen Lebens- und Liebesglanz aufgefasst werden kann. In der Antike glaubten die Menschen, dass die Sonne nachts das Totenreich durchwandere.

Die fünfte Phase des Daseins gestaltete der Bildhauer als Personifikation eines athletischen und bärtigen Mannes in Frontansicht. Der Dargestellte stützt seine rechte Hand auf seinen rechten Oberschenkel, seine Linke hält er zur Faust geballt auf seiner Hüfte. Er schaut sich erinnert auf das Menschenpaar zurück.

Ganz links auf dem Relief beugt sich eine Greisin mit ihrem ausgestreckten rechten Arm zu einem vor ihr müde darnieder gesunkenen alten Mann. Der alte Mann lässt seinen Kopf und seine Glieder ermattet hängen. Selten ist die paarhafte Darstellung des hohen Alters in der Bildhauerei um 1900, und in diesem Falle ist sie wohl auch der Gesamtdarstellung geschuldet. An dieser Stelle sei an die solitäre Figurengruppe „Adam und Eva am Ende des Lebens“ (1898) von Gustav Eberlein erinnert. Diese Vollplastik stellt eine der wenigen frei entstandenen Arbeiten zu diesem Thema dar. Das damals zu realistisch wirkende Werk wurde auf allerhöchsten Befehl von der Großen Berliner Kunstausstellung 1900 aus der Aufstellung entfernt.[1] 

Abb. III: Gustav Eberlein (1847-1926): „Adam und Eva am Ende des Lebens“ (1898), Quelle: Prof. R. Grimm.

Ernst Wenck wusste in seinem Bildwerk „Der Weg des Menschen von der Geburt bis zum Tod“ den Formenkanon von antikischem Idealismus und Realismus zu vereinigen.

Ernst Wenck besuchte von 1885 bis 1889 die Unterrichtsanstalt des Kunstgewerbemuseums und die Akademie der Bildenden Künste in Berlin.[2] Als einer der Berliner Bildhauer ersten Ranges war er ab der Mitte der 1890er-Jahre auch an Planungen für ein kolossales „Bismarckdenkmal“ in Hamburg-Blankenese beteiligt.[3]

Zu seinen bekanntesten frei entstandenen Arbeiten gehört unter anderem das in seiner Zurückhaltung auffallende Bewegungsmotiv „Trinkendes Mädchen“, das 1904 auf der Großen Kunstausstellung von Dresden vertreten war.[4] Eine 1901 gefertigte, 76 cm hohe Fassung in Carrara-Marmor befand sich in der Alten Nationalgalerie von Berlin und gilt heute als verschollen.[5]

Der Bildhauer war Mitglied der Berliner Sezession und fand seine letzte Ruhestätte auf dem Alten Friedhof der St.-Nikolai- und St.-Marien-Gemeinde. Seine Grabstätte wurde allerdings nicht erhalten. ©Nicky Heise, Berlin.

Weiterführende Literatur:
August Grisebach: Bemerkungen zu plastischen Arbeiten von Ernst Wenck. In: Die Kunst für Alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur. Bd. 31. 1915-1916. Heft 9/10, 1. Februar 1916, S. 181-189. http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/kfa1915_1916/0200?sid=2279e5dfeff56ce2d8105397a6a6d5f4 




[1] Gustav Eberlein (1847 – 1926). Im Blickpunkt 35. Niedersächsisches Landesmuseum Hannover, Kuppelhalle, Juli – Oktober 1989. (Quelle: Prof. Rolf Grimm)
[3] Jörg Schilling: „Distanz halten“ – Das Hamburger Bismarckdenkmal und die Monumentalität der Moderne. Wallstein Verlag, 2006, S. 43 f und Anm. 75, S. 77.
[4] Illustrierte Zeitung, Nr. 3203, 17. November 1904, S. 741 f.

Freitag, 10. Mai 2013

„Ferdinand Lepcke (1866-1909) – Weiblicher Akt und Köperideal.“ im Kunstgussmuseum Lauchhammer

PRESSEMITTEILUNG vom 22. April 2013

„Ferdinand Lepcke (1866-1909) – Weiblicher Akt und Köperideal.“

 
18. Mai bis 18. August 2013 im Kunstgussmuseum Lauchhammer

Freifrau-von-Löwendal-Straße 3
01979 Lauchhammer

Eröffnung 17. Mai 2013

17 Uhr im Kunstgussmuseum Lauchhammer

Ferdinand Lepcke
N.N.: Ferdinand LepckeScherenschnitt, Privatsammlung Berlin









 
Begrüßung:

Andreas Tietz, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Kunstgussmuseum Lauchhammer

Es sprechen:

Dr. Klaus Weschenfelder, Direktor der Kunstsammlungen der Veste Coburg

Dipl.-Museologe Nicky Heise, Kurator

Dr. Susanne Kähler, Museumsleiterin des Kunstgussmuseums Lauchhammer



Die Ausstellung ist eine Kooperation der Kunstsammlungen der Veste Coburg und der Stiftung Kunstgussmuseum Lauchhammer. Sie war in leicht abgewandelter Aufstellung vom 16. Dezember 2012 bis zum 14. April 2013 in der steinernen Kemenate der Kunstsammlungen der Veste Coburg zu sehen (http://backert.magix.net/public/Panorama/Lepcke/Lepcke_3.html).

Pressetext

Die umfassende Ausstellung zum Lebenswerk des Berliner Bildhauers „Ferdinand Lepcke (1866-1909) – Weiblicher Akt und Köperideal.“ wird ab dem 18. Mai 2013 im Kunstgussmuseum Lauchhammer zu sehen sein.

Die Ausstellung bietet einen Einblick in das Schaffen des Künstlers, zeigt sein Interesse an der Umsetzung seiner Motive in verschiedenen Materialien und demonstriert anhand von Modellgipsen und Abgüssen in unterschiedlichen Formaten und Materialien Strategien der Vermarktung seines Werkes. Ein Vergleich mit Arbeiten von Gustav Eberlein, Ernst Moritz Geyger, Fritz Klimsch, Ernst Seger, Constantin Starck, Franz von Stuck, Emil Cauer d.J. und anderen Zeitgenossen – in der Ausstellung vertreten durch Leihgaben aus Museums- und Privatbesitz – veranschaulicht Ferdinand Lepckes Bedeutung in der damaligen Bildhauerei.

Der am 23. März 1866 in Coburg geborene und am 12. März 1909 in Berlin verstorbene Bildhauer Ferdinand Lepcke gilt als Meister idealplastischer Schöpfung der „Schönheit in Gestalt des unverhüllten weiblichen Körpers“.

Seine Ausbildung erhielt er an der Königlichen Akademie der Künste und als Meisterschüler bei Fritz Schaper. Ferdinand Lepcke fertigte bereits während seiner Akademiezeit Salonbronzen für den Vertrieb auf dem Kunstmarkt an. Außerdem gehörten die bürgerliche Portraitbüste und die Denkmalsplastik zu seinem ständigen Repertoire. Um 1890 wurde der Bildhauer mit einem ersten Denkmalsauftrag, der überlebensgroßen Sandsteinskulptur des Justus Jonas von 1892 für die Schlosskirche zu Wittenberg, betraut. Zum Anfang seiner Karriere waren seine Bildwerke, hauptsächlich Darstellungen von idealisierten Frauenakten in anmutigen Posen, noch vom neubarocken Stil der Berliner-Schule beeinflusst. Doch bereits zu Beginn der 1890er-Jahre hatte Lepcke zu einem eigenen Ausdruck zwischen Neuklassizismus und Jugendstil gefunden. Ab der Mitte der 1890er-Jahre zeigte er mit Traum- und Fantasiedarstellungen sowie Interpretationen literarischer Themen gesteigerten Mut zum Experiment.

So erinnert zum Beispiel die vor 1898 entstandene und stark psychologisierende Figurengruppe „Böses Gewissen“ formal an Arbeiten von Auguste Rodin oder Constantin Meunier. Auf der Großen Berliner Kunstausstellung von 1898 waren das Gemälde „Das böse Gewissen“ von Franz von Stuck und die reliefartige Plastik „Böses Gewissen“ von Ferdinand Lepcke in verschiedenen Ausstellungsräumen zeitgleich vertreten. Die beiden Künstler waren befreundet und traten mit ihren verschiedenen Arbeiten zu einem Thema in einem geistigen Band auf. 1898 gewann Ferdinand Lepcke mit seinem Entwurf für den „Sintflutbrunnen“ in Bromberg (heute die polnische Stadt Bydgoszcz) den ersten Preis. Bereits 1893 erhielt er den Großen Staatspreis für seinen „Bildhauer“. Eine Ferdinand Lepcke darstellende Karikatur von Franz von Stuck bezeichnet mit dem Schriftzug „DER SIEGER“ dürfte in diesem Zusammenhang entstanden sein und wird als Zeugnis der Künstlerfreundschaft zwischen Lepcke und von Stuck ebenfalls in der Ausstellung in Lauchhammer zu sehen sein.

Mit einigen Großaufträgen wie dem 1904 in Bromberg und 1906 in Coburg aufgestellten „Sintflutbrunnen“, mit seinen Salonplastiken, seinen Portraitbüsten, seinen frei entstandenen, lebensgroßen Idealplastiken sowie in der Denkmals- und Grabplastik erlangte Lepcke um 1900 überregional achtbare Erfolge. Die Beziehungen zu seiner Heimatstadt Coburg ließ der Berliner Bildhauer nie abreißen, er unterhielt intensiven Kontakt zur Familie, zur Coburger Künstlerzunft St. Lukas und stiftete der Stadt mehrere Bildwerke.

Zu seinen weitverbreitetsten Salonplastiken zählen die Kuss- und Umarmungsgruppen „Überrascht“ von 1899 und „Wiedersehen“ von 1904. Auf der Weltausstellung von 1904 in St. Louis wurde „Überrascht“ mit einer Silbermedaille ausgezeichnet. 1905 stellte Lepcke seine außergewöhnlich ausdrucksstarke „Tänzerin“ vor – ein Jugendstilwerk par excellence. Eine Abbildung der „Tänzerin“ erschien am 4. Juni 1905 in der Chicago Tribune. Noch im selben Jahr wurde dem Bildhauer ein Professorentitel verliehen.

Ferdinand Lepcke fertigte um 1905/06 eine lebensgroße „Bogenspannerin“. Mehrfach kam es zur Aufstellung des reliefartig-formstrengen Bildwerkes im privaten und öffentlichen Raum verschiedener Städte. Der zeitgenössische Schriftsteller Durs Grünbein hat, inspiriert durch die „Bogenspannerin“ im Kolonnadenhof der Alten Nationalgalerie zu Berlin, ein Gedicht über die Figur verfasst. Ein weiteres Exemplar der Plastik gilt heute als eines der Wahrzeichen der Stadt Bydgoszcz. Die wohl reifste Schöpfung Lepckes liegt mit der 1907/08 vollendeten, lebensgroßen Idealplastik der „Phryne“ vor. Motive wie Kuss- und Tanzdarstellungen, Bogenspannende und Wasserschöpfende waren in der Kunst der Zeit ausgesprochen beliebt. In Ferdinand Lepckes Œuvre spiegeln sich die Strömungen der Berliner Bildhauerkunst um 1900. (Nicky Heise)

Zur Ausstellung wird unter dem Titel „Schönheit liegt außerhalb der Zeit“ ein Begleitprogramm mit Führungen und künstlerische Workshops für Kinder und Erwachsene angeboten (Details unter Kunstgussmuseum Lauchhammer: www.kunstgussmuseum.de und 03574 860166).

Ausstellungsbegleitend ist ein Werkverzeichnis mit monographischen Beiträgen zu Lepckes künstlerischem Wirken erschienen:

Nicky Heise, Susanne Kähler und Klaus Weschenfelder: Ferdinand Lepcke (1866–1909) – Monografie und Werkverzeichnis. Sonderdruck aus dem Jahrbuch der Coburger Landesstiftung 2012, Coburg 2012/13, 252 Seiten, 100 Farbabbildungen, Preis: 19,50 €, ISBN 978-3-87472-092-2.

Weitere Auskünfte:

Dr. Susanne Kähler

Stiftung Kunstgussmuseum Lauchhammer

Freifrau-von-Löwendal-Straße 3

01979 Lauchhammer

Telefon: 03574 860166

www.kunstgussmuseum.de

info@kunstgussmuseum.de

Öffnungszeiten:

Dienstag bis Sonntag 13.00 bis 17.00 Uhr und nach Vereinbarung.

Eintrittspreise

Erwachsene: 4,- €

Ermäßigt: 2,- €

Kinder (bis einschl. 6 Jahre): frei

Führungen bis max. 25 Personen: 20,- €

Gruppenermäßigungen:

pro 10 Personen 1 x freier Eintritt

Anfahrt:

aus Richtung Berlin: A13, Ausfahrt 16-Schwarzheide;

aus Richtung Leipzig: A13, Ausfahrt 17-Ruhland auf die B169 in Richtung Senftenberg/Hoyerswerda/Lauchhammer.


Mittwoch, 3. April 2013

Pierre de Mougins – „Verschwindende Welten“. Reinickendorfer Retrospektiven.

Gemäldeausstellung vom 19. April bis zum 30. August 2013 in der Rathaus-Galerie Reinickendorf, Eichborndamm 215–239, 13437 Berlin

Vernissage: 18. April 2013, 17:30 Uhr



Pierre de Mougins: „Jetzt, weiß ich, errate ich“, 2009, Öl auf Leinwand, 150 x 170 cm.
 
Pierre de Mougins wurde am 25. Dezember 1966 im französischen Antony als Sohn eines Antiquitätenhändlers geboren. Sein künstlerisches Talent zeigte sich, als er im Alter von etwa sechs Jahren mit dem Zeichnen begann. Am Anfang seiner autodidaktischen Studien kopierte de Mougins hauptsächlich nach dem Vorbild der Natur und beschäftigte sich mit anderen Malern. Rasch entwickelte er ein ausgeprägtes Gespür für Darstellungen, die zwischen Symbolhaftem, bewussten und unbewussten Erkenntnisprozessen sowie surrealen Ver- und Entschlüsselungen pendeln.

Pierre de Mougins‘ frühes Schaffen ist ebenfalls von nostalgischen Dimensionen durchzogen. Das für ihn zunehmend im Verschwinden begriffene Frankreich seiner Kindheit wurde zu einem wichtigen Thema. „Nostalgie“ bedeutet dem Künstler nicht das Festhalten an veralteten Strukturen, vielmehr ist sich de Mougins im Klaren darüber, dass „…Träume und Vorstellungen der Vergangenheit schon immer die Gegenwart und auch die Zukunft mitgestaltet haben…“. Er adaptiert verschiedene stilistische Ausdrucksmittel der Kunstgeschichte und verarbeitet diese zu zeitbezogenen Interpretationen. Um 1992 war sein malerisches Werk vom französischen Kubismus beeinflusst. Doch schon zur Mitte der 1990er Jahre hatte de Mougins zu seinem eigenen Stil gefunden. Waren seine Figuren bisher in breiten Farbflächen ausgelegte Charaktere, wurden sie bald zu individuell-sinnlichen Protagonisten. Augenfällig in seinen Kompositionen sind die enorme Dichte und die mehrdeutigen Posen der dargestellten Figuren zueinander.

De Mougins bezeichnet seine Arbeiten häufig als „…Kondensate eines längeren Denk- und Erkenntnisprozesses…“. Narrative Szenen vermitteln dem Betrachter eine hochkomplexe Vorstellung vom „…Leben-an-sich oder wie es idealer Weise ausfallen könnte…“. Lebensbejahend, symbolstark, humorvoll und tiefgründig wirken die Bildwerke von Pierre de Mougins.

Pierre de Mougins: „Schabernack“, 2013, Öl auf Leinwand, 130 x 130 cm.

Zwischen Tradition und Moderne sieht de Mougins zwar beobachtbare Widersprüche, doch eine Aufgabe besteht für ihn in der Harmonisierung dieser scheinbaren Gegenpole. Hierzu macht er sich einen gewissen Stilpluralismus zu Nutzen. Nicht der malerische Stil ist für de Mougins von erhöhter Bedeutung, vielmehr versteht er seine Kunst als eine persönliche Wahrheitssuche und als fortgeführten Versuch eines allgemeingültigen Wahrheitsausdrucks. Neben seiner figurativen Malerei fertigt der Künstler auch plastische Objekte an.

In Berlin findet de Mougins seit 2007 Inspirationen zum Thema „Verschwindende Welten“. Einige Werke lassen sich als Liebeserklärung an die deutsche Hauptstadt verstehen. Dies wird besonders am Beispiel der Arbeit „Frohnau“ von 2009 deutlich. In diesem Gemälde verarbeitete Pierre de Mougins Harald Haakes 1980 geschaffene „Kugelläuferin“ im Brunnen auf dem Zeltinger Platz. Die Kugelläuferin wurde nach einem Modell von Otto Maerker aus dem Jahr 1931 hergestellt. Hierbei handelt es sich um nur eines von etwa 40 Gemälden der im Rahmen der „Reinickendorfer Retrospektiven“ stattfindenden Werkschau.
(Aus einem Gespräch mit Pierre de Mougins, Nicky Heise)

Pierre de Mougins: „Frohnau“, 2009, Öl auf Leinwand, 150 x 300 cm.

Die Ausstellung „Verschwindende Welten“ wird vom 19. April bis zum 30. August 2013 in der Rathaus-Galerie Reinickendorf, Eichborndamm 215–239, in 13437 Berlin zu sehen sein. Die Eröffnung findet am Donnerstag, den 18. April 2013, um 17:30 Uhr im Rathaus Reinickendorf statt.

Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 9–18 Uhr.
Verkehrsanbindung: U8 Rathaus Reinickendorf.


Literatur: 
Pierre de Mougins und Silke Christ: Ma fresque à Marrakech - Un voyage initiatique. Editions Barbebleue, ARTCOM éditions 1999.
und  
de Mogins. adagp Paris 1999. ISBN 2-9514229-0-3