Mittwoch, 10. September 2008

Kunst auf reisen

Wir kennen es bereits von großen Kunstmuseen wie Guggenheim, MoMA und Louvre. Sie errichten Dependancen, verkaufen Rechte an ihren Namen und verschippern Teile ihrer Sammlungen in die ganze Welt, wie eine Art Franchise-Unternehmen. Wo die großen Namen auftauchen folgt zugleich ein Hype, für den Besucher lange Schlangen, noch längere Wartezeiten und horrende Eintrittspreise in Kauf nehmen. „Name Dropping“, wie man es bisher aus der Modewelt kannte, ist in der Museumslandschaft schon lange nichts Neues mehr. Wie erfolgreich der selbst-inszenierte Markenaufbau von Museen sein kann, ist spätestens seit „Was??? Du warst nicht in der MoMA-Ausstellung?“ deutlich geworden. Es grenzte ja schon an gesellschaftlichen Selbstmord, wenn die Frage gestellt wurde, was genau MoMA eigentlich sei.
Auswirkungen der anderen Art hatte die Errichtung der Guggenheim Dependance im spanischen Bilbao. Unter dem so genannten „Bilbao Effekt“ verhalf das Museum, nicht zuletzt durch den unkonventionellen Baustil des Stararchitekten Gehry, zur Transformation der konjunkturschwachen Küstenstadt in einen attraktiven Ort für Touristen und Investoren.
Damit nun auch das Louvre, als bekanntestes und meistbesuchtes Museum der Welt, seinen Standpunkt in dieser Museums-Magnaten-Liga halten kann, schickt es seine Kunstwerke in Zukunft in die Wüste. Auf einer „Insel des Glücks“ wird eine Dependance in Abu Dhabi erbaut, die ein wenig abendländische Kultur ins Morgenland bringen soll, was sich die Erbauer ein ordentliches Sümmchen kosten lassen.
Die Kunst und unser kulturelles Erbe dienen hier nun als Botschafter in einer globalisierten Welt und nicht zuletzt auch als eine Art Pflegebaustein für internationale Beziehungen. Dass Kritiker hinter diesen Vorgängen einen Ausverkauf und Kommerzialisierung der Kunst sehen, ist nicht verwunderlich, aber eben auch nicht besonders weitsichtig. Überlegt man sich zum Beispiel einmal, wie große europäische Sammlungen von herausragendem Wert überhaupt zusammengetragen worden, nämlich durch Eroberungszüge auf anderen Kontinenten von fremden Kulturen, so scheinen die Museumsableger wie eine Art stiller und friedlicher globaler Kulturaustausch.
Das große Geld scheint auf den ersten Blick die Primärfunktion der Kunstinstitutionen zu sein, doch schaut man einmal genauer hinter die Fassaden der von namhaften Architekten errichteten Museumsbauten, so gehen diese auch nur ihren Verpflichtungen nach: Kulturerbe im Dienste der Gesellschaft zu bewahren und jederzeit für die Öffentlichkeit (und in diesen speziellen Fällen eben auch überall) zugänglich zu machen.
© SJ

Mittwoch, 16. Juli 2008

Männerfreundschaft: „Mann und Auto“ im DTMB

Erneut wird der Beweis angetreten, dass jedes Klischee ein wenig Wahrheit enthält: Vor der Linse der Fotografin Brigitte Kraemer scheint es nur einen wahren Beziehungspartner für Männer zu geben, und zum Leidwesen mancher Frau ist es nicht selbige, sondern das Auto. Mann liegt drunter, sitzt drin, bastelt tagelang dran herum und lässt schließlich auch die Dame ins Spiel kommen und sich lasziv auf der Motorhaube räkeln. Stimmungsvoll fängt die Künstlerin Momente ein, die auf den ersten Blick derart banal erscheinen, dass sich die eigentliche Botschaft der Fotografie erst beim längeren Verweilen offenbart: „Ach ja, damals saß ich auch mal auf dem Beifahrersitz von Onkel Klaus’ Wagen und so wie die beiden in den Campingstühlen da war ich mit meinem Vater auch schon bei einer Rennveranstaltung…“ Doch auch weniger sentimentale Themen wie Berufskraftverkehr und Dehnübungen während der Pause schafft Kraemer gekonnt in Szene zu setzen. Für manchen Feingeist zu unerträglich und ein extrem hohes Fremdschampotenzial beinhaltend werden sich die Aufnahmen von Clubzusammenkünften darstellen: Cowboyhüte und –stiefel, in den gleichen Camouflagestoff gehüllte Innenräume und Fahrer, bierbäuchige Oberkörper und das gebannte Verfolgen einer Stripshow auf einem Autotreffen mögen manchen den Kopf senken und die Hand peinlich berührt vor die Augen führen lassen. Abbilder von Herren fortgeschrittenen Alters, die sich mit der Freude von frisch beschenkten Kindern mit ihrer Carrerabahn beschäftigen, besänftigen das Gemüt glücklicherweise wieder schnell.
Weniger Grund zur Freude bieten hingegen die enge Aufstellung in einem Durchgang sowie die im Museum mäßig vorhandene Ausschilderung; zumindest letztere könnte noch verbessert werden. Dessen ungeachtet zeigt die Auswahl an Kraemers Fotografien eine Vielzahl der Facetten des mobilen Lebens auf, die es allemal wert sind, auf sich wirken zu lassen.
Die Ausstellung „Mann und Auto“ in der Fotogalerie des Deutschen Technikmuseums Berlin findet noch bis zum 2. November statt. Eintrittspreis 4.50; erm. 2.50 €
© AE

http://dtmb.p4systems.de/p4_systems/data_sys_p4/data/original/orig_200805/1_85/PM_mann_und_auto_150508.pdf

Montag, 23. Juni 2008

Lauchhammer - Vom Speicher ins Schaudepot. Im Kunstgussmuseum Lauchhammer wird derzeit in der so genannten Bronzeschule ein Schaudepot eingerichtet.

Zum 10.06.2008 sah sich die Stiftung Kunstgussmuseum Lauchhammer in der glücklichen Lage, die letzten noch verbliebenen Gips- und Metallmodelle vom Speicher des Dachbodens der Kunstgießerei Lauchhammer zu bergen. Nun sind nahezu alle der etwa 2800 Objekte, welche mit Hilfe von Mitteln des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur, der Kulturstiftung der Länder, der Ostdeutschen Sparkassenstiftung und der Kjellberg-Stiftung 2005 erworben wurden, in das juvenile Schaudepot umgezogen. Längst nicht alle „Dinge“ konnten in der Vergangenheit zu Objekten musealisiert werden. Diverse Kostbarkeiten, wie z.B. ein Gipsmodell Ferdinand Lepckes der Phryne - eine neuklassizistische Ausführung nach dem antiken Vorbild der Knydia von Praxiteles - ließen sich im Dachspeicher der Kunstgießerei ausfindig machen. In Zusammenarbeit mit dem temporär bestellten Restaurator Bernhard Gutmann, den sechs engagierten Museumsmitarbeitern, einer Ägyptologiestudentin und einem ehrenamtlich tätigen Museologen werden nun alle noch vor Ort erhaltenen Modelle, unter der Leitung der Museumsdirektorin Dr. Susanne Kähler zusehends konserviert, musealisiert und auch restauriert. Statuen und Statuetten, Portraitbüsten, Reliefs, Sepulkralplastik, Denkmäler und allerlei mehr - Einzelteile und Bruchstücke sollen vom Museumsteam in einem Lehrgang unter fachgerechter Anleitung und Beratung des Restaurators gereinigt, gegebenen Falles schellackiert und zusammengesetzt werden. Behutsam sollen die Bildwerke Betrachtung, überlegte Einschätzung und erst dann Behandlung erfahren. Nach professioneller Instruierung können die Mitarbeiter zu mindest präventive Konservierungsmaßnahmen selbstständig durchführen.
Die Gips- und Metallmodelle aus Lauchhammer sollen einer breiten Öffentlichkeit im Schaudepot des Kunstgussmuseums in all ihrer Vielfalt zum Studium, aber auch zur reinen Freude und zum Genuss am Ästhetischen durch Herausstellung von einzelnen und ausgesuchten Arbeiten zugänglich gemacht werden. Dazu benötigt das kleine, gleichwohl hinsichtlich der Sammlung feine Museum zunehmend die Unterstützung Dritter. Alle Besucher, ebenfalls spendable Kunstfreunde, Sponsoren und Mäzene sind herzlich eingeladen, sich intensiver für die Bestände des Kunstgussmuseums Lauchhammer mit seinem Schaudepot zu interessieren. Patenschaften für einige interessante Objekte sind noch zu vergeben. Kunst- und Kulturgutpflege in Form von stiller privater oder öffentlicher Unterstützung könnte die noch zu bewältigende Menge an restaurierungswürdigen Objekten in ihrer professionellen Musealisierung beschleunigen, denn die Mittel sind leider auch im Kunstgussmuseum Lauchhammer sehr begrenzt. Die Sammlung, obwohl noch nicht vollständig inventarisiert, besitzt einen enormen kunsthistorischen und technikgeschichtlichen Wert und verdient nicht zuletzt deshalb ein erhöhtes Maß an öffentlicher Aufmerksamkeit.
© NH